Inhalt
Der Ursprung des Namens Lobensommer ist nicht eindeutig auszumachen. Mit großer Wahrscheinlichkeit leitet er sich von dem mittelhochdeutschen Wort „lobesam“ ab, das mit lobenswert, treu, gehorsam, aber auch mit verdienstvoll übersetzt werden kann. Einer unserer Vorfahren hat vielleicht wegen einer besonders lobenswerten Leistung den Beinamen „Lobesamer“ erhalten. Veränderungen in der Sprache und Verschleifungen durch den Dialekt haben daraus, wie alte Dokumente zeigen, „Lobmsumer“ und später „Lobensumer“ entstehen lassen. In einem Häuserverzeichnis der Stadt Laufen von 1790 erscheint der Name dann in einer etwas abgewandelten Form. Aus „Lobensumer“ wurde nun „Lobensummer“. Das könnte damit erklärt werden, dass es damals noch keine Rechtschreibregeln gab. Der Volkskundler Hans Moser hat dafür aber eine eigene Deutung. Ich zitiere dazu aus dem Aufsatz „Die Spitznamen der Laufener Schiffer“ von Hans Roth, der 1977 in der heimatkundlichen Zeitschrift „Das Salzfaß“, Jg.11, Heft 3, abgedruckt wurde:
„Zu den ältesten Schifferfamilien zählen die Edelmann und Standl, die sich schon seit 1380 nachweisen lassen, und deren Nachkommen bis in unsere Gegenwart in Laufen und Oberndorf ansässig sind. Hinzu kommen noch die Weibhauser, Lobensommer, Pföß, Mooshammer und Gstöttner, deren erstes Auftreten fasst noch in die spätmittelalterliche Zeit zurückreicht. Da meist alle Mitglieder dieser Familien dem selben Berufsstande angehörten, auch die Wahl der Vornamen von Generation zu Generation kaum variierte, entstanden folglich – um Verwechslungen zu vermeiden - Beinamen, also jene Spitznamen, die im täglichen Umgang und sogar mitunter im amtlichen Schriftwechsel an Stelle des richtigen Namens traten. So kommen im 16. Jahrhundert Familiennamen vor, wie etwa Glatzberger, Schwing(d)enmuet, Hupfinpelz, Thue ime bas, Schneidmwyndt, Truebswasser, Schmiernschlegl, Gaph ins Liecht und andere, die entweder aus Spitznamen oder aus solchen Vulgonamen hervorgegangen sein dürften. Eine Lieblingsbeschäftigung, ein oft gebrauchtes Wort, eine Redensart, eine bevorzugte Speise, besonders aber äußere Merkmale, also Aussehen oder Gebrechen, konnten zu einem Spitznamen führen, der durch den Dialekt entstellt oder auch „zerredet“, heute kaum mehr den eigentlichen Ursprung erkennen lässt. Auch die Spielfreudigkeit der Laufener Schiffer scheint nicht ohne Einfluss auf die Namengebung gewesen zu sein, denn verschiedene Spitznamen erinnern an beliebte Bühnenverkörperungen. So nimmt der um die Volksschauspielforschung so verdiente Volkskundler Hans Moser an, dass der in Laufen seit 1400 bekannte Familienname Lobensommer, früher Lobmsumer, vielleicht auf das traditionelle Spiel der Schiffer vom „Sommer gewinnen“ (den Sommer loben) zurückzuführen ist. Auch die Namen Kölberzagl, Kaßmayl, Khreidenweih, Reißteufl, Gankl, Gangerl, Engl und Guetvater könnten Hinweise auf Rollenträger geben, wie wir sie aus spätmittelalterlichen Faßnachtsspielen kennen.“
Soweit das Zitat.
Ein Lobensumer hatte in dem oben genannten Theaterstück wohl öfter die Rolle der Person gespielt, die den „Sommer loben“ musste und ist so zu seinem Spitznamen gekommen, der auf seine Nachfahren als Familienname übergegangen ist. Das Sommer- und Winterspiel ist in Laufen seit 1547 belegt1). In Reiningue im Elsaß findet sich der Name Lobensommer in seiner heutigen Schreibweise bereits im Jahr 1675. In Laufen wurde aus dem mundartlich gefärbten „Lobensummer“ irgendwann zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert ein hochdeutscher Lobensommer. Auf der Grabplatte des Schiff- und Schoppermeisters Thomas Lobensommer, die sich im Kreuzgang der Stiftskirche befindet und die aus dem Jahr 1822 stammt, ist der Name in seiner heutigen Form in weißen Marmor eingemeißelt. In einem Oberndorfer Häuserverzeichnis aus dem Jahr 1829 wird aber noch die ältere Schreibweise „Lobensummer“ verwendet. Bis auf wenige Ausnahmefälle hat sich ab 1830 die heutige Schreibweise dann endgültig durchgesetzt.
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1) Heinz Dopsch/Hans Roth:
Laufen und Oberndorf, 1250 Jahre Geschichte, Seite 72
Dr. Karl Zinnburg schreibt in seinem Buch „Salzschiffer und Schifferschützen in Laufen-Oberndorf“, daß der Name der Schifferfamilie Lobensommer bereits im 13. Jahrhundert in Laufen auftaucht. Leider gibt er dafür keine historische Quelle an. Der Volkskundler Hans Moser nennt das Jahr 1400, in dem der Name zum ersten Mal auftaucht. Der erste sichere Hinweis stammt aber aus aus dem Jahr 1463. In dem Pachtvertrag vom 4. Februar, der heute im Stiftsarchiv Laufen aufbewahrt wird, findet der Familienname seine erste urkundliche Erwähnung. Der Pachtvertrag ist in Altneuhochdeutsch abgefasst und in einer alten Kanzleischrift geschrieben. Hier der originale Text:
„Er Rueprecht Strudel und ich Hanns Smuck baid burger zu lauffen Beckennen als die zechbrobst unnserer lieben Frawn gozhaus zu lauffen für uns und unnser nachkomen die zechbrobst mit dem offen brief wo der furchumbt, das wier nach rat Erberger lewt zu Erbrecht gelassen haben, den chrautgarten den liebelmyner Säliger unser lieben frawen ir tzechambt gegeben hat, der gelegen ist zu obslauffen tzenachst an des Simderleins garten und gegen des Schöller pawngarten uber, dem Erbergen weisen Hannsen lobensumer burger zu lauffen, und Margareten seiner hawsfrawn Ir paider lebtag. In sölher bescharden, das sy alle Jar Järlichen von dem obgenannten chrautgarten dienen und geben sullen ain pfunt pfenning zu sand Rueprechz tag. Im herbst acht tag vor oder nach ungeverlichen. Und welhes Jars Sy das obgenannt pfunt pfennig nicht ausrichten täten, So haben unnser lieben Frawn zechbrobst zu lauffen die zu den zeiten Sein sew darumb zepfennten, als annder ir holden ongever. Sy sullen auch den obgenanten chrautgarten stiftleich und pawlich legen, damit unnser liebe Fraw wes zins davon wol wechomen mug. Sy sullen auch denselbn chrautgarten selbs friden und zewn, und den weg darvor machen auf ir aigen gelt. Und sol unnser lieben Frawn an dem wenanten zins nichts dafur abziehen. Urchund der warhait gebn wir In den offen brief versigelt mit unnser bayder aigen anhangunden Insigel. Darunder wier uns obgenannt Ruprecht Strudel und Hanns Smuck verpinden als die zechbröbst für uns und unnser nachkomen die zechbröbst unnserer lieben Frawn chirichen zu lauffen mit unnsern trewn In aides weis alles das war und stat gehalten das oben an dem brief geschriben stet, Der gebn ist an freittag nach unnser lieben Frawn tag der liechtmessen als man zalt von christi geburd vierzehenhundert darnach Im drewundsechzigisten Jare.”
Die Übersetzung in unsere heutige Umgangssprache lautet etwa wie folgt:
“Er, Ruprecht Strudl und ich Hanns Smuck, beide Bürger zu Laufen und Zechpröbste der Kirche zu unserer lieben Frau in Laufen, bestätigen mit unserem Namen und im Namen der Zechpröbste die uns nachfolgen, daß wir den Krautacker, im Besitz der Kirche unserer lieben Frau, gelegen in Obslaufen, angrenzend an des Simderleins Garten und des Schöllers Baumgarten, dem ehrenwerten und weisen Hanns Lobensumer, Bürger zu Lauffen und seiner Frau Margarete, auf anraten ehrenwerter Leute zur Erbpacht überlassen. Sie werden verpflichtet, dafür jährlich im Herbst in der Zeit acht Tage vor bis acht Tage nach dem Sankt Ruprechtstag (Rupertitag) ein Pfund Pfennige als Pachtzins zu bezahlen. In dem Jahr, in dem der Pachtzins nicht fristgerecht bezahlt wird, ist es die Aufgabe der Zechpröbste, den Pachtgegenstand zu pfänden (in den Besitz der Kirche zurück zu holen). Die Pächter verpflichten sich, den Krautacker so zu bebauen, dass damit der erforderliche Pachtzins für die Kirche unserer lieben Frau erwirtschaftet werden kann. Die Umzäunung des Krautackers und der Weg davor, ist auf Kosten der Pächter herzustellen und die dafür erforderlichen Aufwendungen dürfen nicht von dem vereinbarten Pachtzins abgezogen werden. Den wahrheitsgemäßen Inhalt dieses offenen Briefes bestätigen wir mit unseren beiden anhängenden Siegeln. Wir, die oben genannten Ruprecht Strudl und Hanns Smuck, Zechpröbste der Kirche unserer lieben Frau zu Laufen, versichern an Eidesstatt für uns und unsere Nachfolger als Zechpröbste, das außer dem, was in diesem Brief geschrieben steht , nichts weiteres vereinbart wurde. Gegeben am Freitag nach Lichtmess im Jahr vierzehnhundertdreiundsechzig.”
Anmerkungen:
- Zechprobst = Vorsteher des Ausschusses der Pfarrgemeinde, dem auch die Verwaltung des Vermögens der Pfarrkirche obliegt.
- Ein Pfund Pfennige = 240 Silberpfennige. Das entspricht ca. 409gr. Feinsilber.
- 1463 war der Freitag nach Lichtmess der 4. Februar
- Ruprecht Strudl war ehemaliger Bürgermeister und Hans Schmuck zu dieser Zeit amtierender Bürgermeister in Laufen.
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Obwohl der Vertrag bereits vor mehr als 550 Jahren errichtet wurde, dürfte sein Wortlaut auch heute noch den juristischen Anforderungen entsprechen, die an einen einfachen Pachtvertrag gestellt werden.
Der Vertrag nennt Hanns Lobensumer, der 1463 verheiratet war und die Bürgerrechte der Stadt Laufen besaß. Wie wir später noch sehen werden, musste man zur Erlangung der Bürgerrechte in dieser Zeit bestimmte Voraussetzungen erfüllen, die darauf schließen lassen, dass Hanns Lobensumer schon länger in Laufen ansässig gewesen sein musste. Möglicherweise gab es auch schon Vorfahren in Laufen. Damit ist die Urkunde aus dem Jahr 1463 nur der Beleg dafür, dass eine Familie Lobensommer zu dieser Zeit in Laufen existierte. Ob und wie lange vorher schon Mitglieder der Familie Lobensommer in Laufen lebten, lässt sich aus den heute noch vorhandenen Dokumenten nicht ermitteln.
Dass es sich bei Hanns Lobensumer auch um einen aktiven Salzachschiffer gehandelt hat, können wir nur vermuten. Es gibt aber Indizien, die diese Vermutung stützen. Aus der Regierungszeit des Erzbischofs Rudolf von Hoheneck (1284-1290) stammt das Recht, dass nur solche Personen zur Salzachschifffahrt zugelassen wurden, die einer angestammten Schifferfamilie entsprossen. Dieser Berufsstand hat sich jahrhundertelang immer aus den gleichen Familien zusammengesetzt, weil die Söhne dem Vater in diesen Beruf gefolgt sind. Fremde hatten nur dann Zugang zur Salzachschifffahrt, wenn das notwendige Personal für die Schifffahrt nicht mehr aus den eigenen Reihen rekrutiert werden konnten. Die Fremden (od. Auswendigen) blieben bei den Schiffern im niedrigsten Rang (Schärler) ohne die Möglichkeit eines zukünftigen weiteren Aufstiegs. Sie konnten sich auch nur selten durch Heirat in die Schifferfamilien integrieren. Die ältesten Schifferfamilien, die der Standl und Edelmann, lassen sich bereits 1380 urkundlich nachweisen. Wie Eingangs schon erwähnt, schreibt Karl Zinnburg, dass die Namen der Schifferfamilien Lobensommer und Pföß bereits in dieser Zeit auftauchen. Berücksichtigt man das Recht der Nachfolge im Schifferberuf, dann war der Bürger Hanns Lobensumer im Jahr 1463 mit großer Wahrscheinlichkeit ein Salzachschiffer.
Im Jahr 1570 wird der Schiffer und Bürger Matthäus Lobensommer im Bürgerbuch der Stadt Laufen erwähnt. Er war Verwalter einer der beiden Petersbüchsen-Bruderschaften. Eine Bruderschaft hatte ihren Sitz in der Laufener Peterskirche, die andere Bruderschaft hatte sich als Sitz die St. Christoph-Kapelle bei der Schiffslände in der Altach gewählt. Die Bruderschaften hatten gemeinsame „Büchsen“ in die nicht nur die Mitglieder sondern auch alle nach Laufen kommenden und von Laufen ausgehenden Schiffe Abgaben zu leisten hatten. Die Einnahmen dienten zum Unterhalt der beiden Kirchen, aber auch zur Bezahlung der Aureiter und Wegmacher, denen die Instandhaltung der Uferwege zwischen Salzburg und Laufen oblag.
Den nächsten Hinweis auf die Familie Lobensommer gibt das älteste Laufener Feuerstättenverzeichnis aus dem Jahr 1604. Darin wird ein Wolf Lobensumer, Bürger und Schiffmann, wohnhaft in unserer lieben Frauen Haus in Obslaufen erwähnt. Der Hausname deutet darauf hss es (ursprünglich) zum Besitz der Stiftskirche Maria Himmelfahrt in Laufen gehörte.
Im 17. Jahrhundert gibt es noch weitere Nennungen zur Schifferfamilie Lobensommer. 1634 erscheint der Schiffer und Bürger Daniel Lobensommer im Bürgerbuch und 1655 ist ein Eintrag auf der Steuerliste zum Schiffmeister und Schlosser David Lobensommer zu finden.
Im 18 . Jahrhundert war die Familie weit verzweigt. Ein Indiz dafür ist die Auflistung von neun Bürgern und Schiffern mit dem Namen Lobensommer aus dem Jahr 1763. In dem Dokument, dass sich im Stadtarchiv Laufen befindet (A631/6387) sind folgende Namen verzeichnet:
Mathias Lobensommer, Schiffer
Rochus Lobensommer, Schiffer
Johann Lobensommer, Schiffer
Wenzeslaus Lobensommer, Gnoß (Administrator eines Naufergen)
Thomas Lobensommer, Schiffer
Johann Georg Lobensommer, Schiffer
Joseph Lobensommer, Schiffer
Christoph Lobensommer, Schiffer
Andrä Lobensommer, Schiffer
Väter und Söhne hatten in der Regel nicht zur selben Zeit die Bürgerrechte besessen und wahrscheinlich sind auch nicht alle Genannten Brüder gewesen. Da es innerhalb der Familien vielfach die gleichen Vornamen gab, ist es heute sehr schwierig herauszufinden, wie viele Familienzweige die genannten Schiffer repräsentiert haben und wer mit wem direkt verwandt gewesen ist.
Es gibt noch mindestens zwei Familienzweige, die sich nach derzeitiger Kenntnis bereits vor dem Jahr 1762 aufgeteilt haben. Beide Zweige haben ihren Ursprung in Obslaufen. Die ältesten bekannten Mitglieder dieser Zweige sind der bürgerliche Seßthaler* Mathias Lobensommer, geb. um 1700, wohnhaft in Obslaufen (meine Vorfahre) und der Bürger und Schiffer (Seßthaler?) Johann Georg Lobensommer, geb. um 1730, ebenfalls wohnhaft in Obslaufen und Vater von Thomas Lobensommer, dem späteren Schiff- und Schoppermeister, der im Kreuzgang der Laufener Stiftskirche begraben ist. In welchem Verwandtschaftsverhältnis Mathias und Johann Georg Lobensommer zueinander standen, konnte wegen der bereits genannten Schwierigkeiten aus den vorhandenen Dokumenten nicht ermittelt werden.
Der Ursprung der Schifferfamilie Lobensommer scheint in Obslaufen zu liegen, denn alle historischen Quellen bis ca. 1760 nennen für die Mitglieder der Schifferfamilie Lobensommer Obslaufen als Wohnort. Der bürgerliche Seßthaler Mathias Lobensommer, Sohn des Seßthalers Mathias Lobensommer aus Obslaufen, hat 1792 seinen Wohnort in der Altach. Sein Urenkel, der Schiffer Thomas Lobensommer, stirbt 1871 in der Altach. Ab dem Jahr 1894 verschwindet der Name Lobensommer im Einwohnerverzeichnis von Oberndorf und der Altach. In der Stadt Laufen verliert sich der Name erst in der Zeit um 1960.
Außerhalb von Laufen und Oberndorf erscheint im 17. Jahrhundert der Name Lobensommer nur noch im Elsaß. Im Archiv des „Centre Départamental d’Histoire des Familles“ in Guebwiller findet sich der Name Lobensommer im Jahr 1675. In Reiningue, einem Vorort von Mühlhausen heiratet am 3.6.1675 ein Jean Adam Lobensommer in Oelenberg die Maria Elisabeth Wybrecht. Wie wir heute wissen, war dies seine zweite Heirat. In erster Ehe war er mit Anna Salzmann verheiratet. Aus dieser Ehe stammen fünf Kinder. Anna Salzmann ist am 22. Februar 1674 nach der Geburt ihres fünften Kindes (Marie-Madeleine Lobensommer) verstorben. Jean Adam Lobensommer ist mit großer Sicherheit ein Nachkomme eines Obslaufener Schiffers, der in der Zeit des dreißigjährigen Krieges seine Heimat verlassen hat. Die Salzschiffahrt war während des dreißigjährigen Krieges so gut wie eingestellt. Sein Enkel Morand wird am 28.11.1696 im Geburtsregister von Rixheim/Elsaß mit dem Familiennamen Lobisommer eingetragen. Dieser Name bleibt dann über die nächsten Jahrhunderte unverändert. Die Mitglieder der Familie Lobisommer leben heute in Frankreich in Epinal/Lothringen und in Paris und in Zürich/Schweiz. Sie lassen sich alle lückenlos bis auf Jean Adam Lobensommer zurückverfolgen.
In Aschach an der Donau wird am 15. Januar 1871 Maria Lobensommer, die Tochter von Johann Lobensommer und Magdalena Ploederl geboren. Maria Lobensommer stirbt am 23. August 1942 in Innsbruck. Aschach war einer der Ländplätze der Salzachschiffer auf ihrer Fahrt nach Wien. Bei dem Vater könnte es sich um den Bürger und Brückenaufseher Johann Lobensommer aus Laufen handeln. Die Urkunde A510/3168 aus dem Stadtarchiv erwähnt die Geburt seines Sohnes Paul am 23.1.1886. Der Name der Mutter ist Magdalena (Ploederl?). Leider ist ihr Geburtsname nicht angegeben. Johann Lobensommer war seit 1860 in Laufen auch als Musikant mit Lizenz registriert.
Es kann als ziemlich sicher angesehen werden, dass alle heute lebenden Personen mit dem Geburtsnamen Lobensommer ihre Vorfahren in der alten Schifferfamilie Lobensommer aus Laufen-Oberndorf wiederfinden. Wer zu welchem der beiden heute bekannten Familienzweige gehört, ist bei der Mehrzahl der Personen eindeutig. Einige Familien sind jedoch nicht zuzuordnen. Das hat seine Ursache darin, dass nicht alle Lobensommer-Familien bereit waren, Angaben über ihre Vorfahren zu machen. Durch meine Recherchen in Telefon- und Adressbüchern sind mir bis auf wenige Ausnahmen alle Familien oder Personen mit dem Namen Lobensommer bekannt geworden. Zur fast allen konnte ich einen Kontakt herstellen bzw. konnte sie identifizieren. Für die Verbreitung des Familiennamens Lobensommer ergibt sich daraus folgendes Bild:
Etwa fünfundachtzig Prozent derer, mit dem Familiennamen Lobensommer, leben in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein. Darüber hinaus gibt es Familien in Tacherting, München, Garching und Dortmund. In Österreich verteilen sich die Lobensommer-Familien auf Bad Ischl, Salzburg und auf Ried im Innkreis. Eine Familie Lobensommer lebt in den USA und eine weitere in Kanada. Wie viele Personen heute noch den Namen Lobensommer als Geburtsnamen tragen, war nicht zu ermitteln. Die geschätzte Zahl 80 dürfte aber bereits schon zu hoch gegriffen sein.
Die Mehrheit stammt aus dem Familienzweig des Seßthalers Mathias Lobensommer und seiner Frau Katharina, geb. Standl. Im Jahr 1761 lebten sie in Obslaufen. Mathias Lobensommer war zu dieser Zeit etwa sechzig Jahre alt. Beide kamen aus den ältesten nachweisbaren Schifferfamilien und das war kein Zufall. Wie bereits erwähnt, hat sich der Berufsstand der Schiffer jahrhundertelang aus den gleichen Familien zusammengesetzt. Die Söhne sind dem Vater in den Schifferstand nachgefolgt und es gehörte sich, dass ein Nachkomme der Schiffer wieder in eine Schifferfamilie einheiratete. Ein Auswärtiger oder „Auswendiger“ hatte hier kaum eine Chance. Bezüglich der Heirat bedurfte es einer Genehmigung durch die Schiffergemeinde. Für die männlichen Mitglieder der Schifferfamilien, die in der Schifffahrt tätig waren, galt die Regel, dass einer Heirat erst ab dem 30. Lebensjahr zugestimmt wurde. Damit hat man die berufliche Konkurrenz zwischen Vätern und Söhnen möglichst gering gehalten.
Ein Schiffer, der im Alter von dreißig Jahren heiratete, war bei der Hochzeit seines ältesten Sohnes schon mindestens sechzig Jahre alt. Dies ist auch der Grund weshalb es bei den Schiffern von Laufen und Oberndorf pro Jahrhundert nur drei Generationen gibt. In der Zeit von 1700 -1900 lebten in den beiden heute bekannten Familienzweigen der Schifferfamilie Lobensommer jeweils sechs Generationen. Die „übrige“ Bevölkerung brachte es in dieser Zeit auf ca. 8 Generationen. Da die Schifferfrauen aus der Generation ihrer Männer stammten, waren sie bei der Heirat meist deutlich älter als fünfundzwanzig Jahre. Das war einer der Gründe, weshalb die Kinderschar in einer Schifferfamilie auch aus biologischen Gründen begrenzt blieb. Die Kindersterblichkeit hat zusätzlich dazu beigetragen, dass nur wenige Nachkommen das Erwachsenenalter erreicht haben.
Obwohl in der Regel alle Schiffersöhne ihren Vätern im Beruf nachfolgten, konnten sie noch bis in das erste Drittel des 19. Jahrhunderts in der Salzachschifffahrt ihr Auskommen finden. Ab ca. 1850, als der rasche Niedergang der Schifffahrt schon offensichtlich war, hat sich die Situation dahingehend geändert, dass die verbliebene Arbeit auf zu viele Schiffer verteilt werden musste. Die Verdienstmöglichkeiten wurden deshalb für jeden Einzelnen zunehmend schlechter. Viele männliche Nachkommen der Laufener Schiffer haben in dieser Zeit mit Unterstützung der Stadt (sie zahlte teilweise das Lehrgeld) begonnen, andere Berufe zu erlernen oder sich als Knechte in der Landwirtschaft zu verdingen. Ab 1903 kam die Schifffahrt gänzlich zum Erliegen.
* Seßthaler = Führer eines Schiffszuges mit Kapitänsgewalt
Im Jahr 1463 läßt sich der der Name Lobensommer in der Stadt Laufen zum erstenmal gesichert nachweisen. Über die Jahrhunderte tritt er immer wieder in den unterschiedlichsten Dokumenten in Erscheinung. Die folgende Zeittafel soll deutlich machen, wie die heute bekannten Mit-glieder der Familie Lobensommer die Geschichte von Laufen und Oberndorf erlebt haben.
Die historischen Daten der Zeittafel sind im wesentlichen zwei Büchern entnommen:
„Salzschiffer und Schifferschützen von Laufen-Oberndorf “ von Dr. Karl Zinnburg. Das Buch (489 S.) ist 1977 im Verlag Alfred Winter, Salzburg erschienen. Im Heimatmuseum Oberndorf ist es heute noch erhältlich.
„Laufen und Oberndorf, 1250 Jahre Geschichte, Wirtschaft und Kultur an beiden Ufern der Salzach“ von Heinz Dopsch und Hans Roth (Hg.). Das Buch (628 S.) ist 1998 im Eigenverlag der Stadt Laufen und der damaligen Marktgemeinde Oberndorf erschienen. Es kann über die Stadtverwaltung Laufen bezogen werden.
Laufen verdankt seine Entstehung und seine wirtschaftliche Entwicklung der Salzachschifffahrt. Das Dorf Laufen wird urkundlich erstmals 748 n. Chr. genannt. Erste Hinweise auf die Schifffahrt reichen bis in das Jahr 826 zurück. Die erste urkundliche Nennung einer „Lebenauischen Schiffergesellschaft“ stammt aus dem Jahr 908.
Ein großes Problem mit dem die Salzschiffer jahrhundertelang konfrontiert wurden, waren die häufigen Hochwasser der Salzach. Die erste dokumentierte Hochwasserkatastrophe ereignete sich im Jahr 964.
Aus einer Beschreibung über die Pfarrei St. Nicola ist zu entnehmen, dass bereits um 1100 in Laufen eine Kirche stand.
Kaiser Friedrich Barbarossa hat am 29. März 1166 in Laufen einen Hof- und Gerichtstag abgehalten, bei dem er im Zuge einer Auseinandersetzung mit Papst Alexander III. über die Stadt Salzburg die Reichsacht verhängte.
Zeittafel
1198 wurden auf dem Dürrnberg bei Hallein neue Salzlager entdeckt. Das erlaubte, die Salzachschifffahrt weiter auszubauen und Laufen wurde zu einem bedeutenden Salzumschlagplatz.
1269 Hochwasser
Im Jahr 1278 erlässt Erzbischof Friedrich II. eine Schiffsordnung in der auch die Gründung des heutigen Schifferschützen-Corps Laufen-Oberndorf verankert ist.
1314 Hochwasser
1316 Hochwasser
1317 Hochwasser
Auf Anordnung von Kaiser Ludwig dem Bayern aus dem Jahr 1333 durfte das Salz aus Hallein nur noch auf dem Fluß verfrachtet werden. In Laufen mussten dazu die Salzfuhren von kleineren auf große Schiffe umgeladen werden. Der Grund war zum einen die geringere Wasserführung der Salzach auf der Strecke von Hallein bis zur Einmündung der Saalach bei Freilassing und zum anderen der „Nocken“, ein gefährliches Hindernis im Flusslauf bei Laufen. Die großen Salzschiffe, die bis Passau fuhren, wurden auf den Schopperplätzen in Laufen gebaut.
1380 werden erstmals die Schifferfamilien Standl und Edelmann urkund-lich erwähnt.
1386 Hochwasser
1403 nimmt das Erzbistum Salzburg Handelsbeziehungen zum Stadtstaat Venedig auf. Dies bewirkt ein höheres Frachtaufkommen für die Laufener Schiffer. Die Waren werden über die Tauern auf Saumpfaden nach Salzburg transportiert und hier von den Schiffern zur Weiterbeförderung nach Passau übernommen. Säumer übernehmen dort den Warentransport über den "Goldenen Steig" nach Böhmen.
1426 werden die Schifferrechte neu festgelegt. Diese Schifferordnung regelt auch den Schiffbau und den Schiffsrückzug (Treideln) nach Hallein.
1444 Die Stadt Laufen darf das Bürgerrecht vergeben.
1463 herrscht in Laufen die Pest. Es ist das Jahr in dem der Bürger Hanns Lobensumer zusammen mit seiner Frau Margarete vom Stift „zu unserer Lieben Frau“ einen Krautacker in Obslaufen pachtet (Stiftsarchiv Laufen 223). Die Unterzeichner dieses Vertrags waren Ruprecht Strudl, ehemaliger Bürgermeister und Hans Schmuck, zu dieser Zeit amtierender Bürgermeister in Laufen. Beide bekleideten das Amt der Zechpröbste der Stiftskirche in Laufen.
1480 Hochwasser
1491 Hochwasser
1501 Hochwasser
1508 Hochwasser
Die alte Schifferordnung von 1426 erforderte eine weitere Anpassung und Überarbeitung. 1515 wird eine neue Schifferordnung erlassen. Das Frachtaufkommen war für die Laufener Schiffer in dieser Zeit zufriedenstellend. Im Jahr 1516 wurden nach Aufzeichnungen im Schifferarchiv insgesamt 496.870 Zentner Salz verfrachtet.
Karl Zinnburg schreibt in seinem Buch „Salzschiffer und Schiffer-schützen“ folgendes : “Eine salzburgische Urkunde vom Jahr 1536 berichtet, dass die Oberndorfer und Laufener Schiffer, deren Gewerbe zur Winterzeit wegen der vereisten Salzach brach lag, das Sternsingen in unserer Gegend einführten. Ein erstes Sternsingerlied ist uns aus dem 16. Jh. überliefert.“
1547 ist das Jahr in dem das Sommer- und Winterspiel in Laufen erstmals urkundlich erwähnt wird.
1567 Hochwasser
1568 Hochwasser
1570 wird der Schiffer und Bürger Matthäus Lobensommer im Laufener Bürgerbuch erwähnt. Er war Verwalter der Petersbüchse, eines Fonds der Schiffer, aus dem sie unter anderem den Unterhalt der Kirche St. Peter bestritten, die Aureiter und Wegmacher für die Flussstrecke bis Hallein bezahlten und alte und kranke Mitglieder der Schiffergemeinde unterstützten.
1571 Hochwasser
1572 Hochwasser
1589 Hochwasser
1590 wird in Salzburg die Post eingeführt und Laufen wird mit einbezogen. Die Schiffer übernehmen die Postbeförderung.
1597 Hochwasser
1598 Hochwasser
1604 erscheint im ältesten Feuerstättenverzeichnis von Laufen der Schiffer und Bürger Wolf Lobensommer als Bewohner in „unserer lieben Frauen Haus“ zu Obslaufen.
1616 wird die die Schifferordnung von 1515 abermals erneuert und den veränderten Umständen angepassssst. In Laufen dürfen nun sechs beeidete Schoppermeister ihr Handwerk ausüben.
1618 erhält das Geschlecht der Perger (Berger) ein Salzausfergenlehen. (Aus diesem Schiffergeschlecht stammen Maria Monika Perger und Barbara Perger, die Ehefrauen der Schiffer Mathias und Christoph Lobensommer).
1634 wird der Schiffer Daniel Lobensommer im Laufener Bürgerbuch erwähnt (Bürgerbuch 1499-1703, Az022/Nr.1)
1655 erscheint der Schiffmeister und Schlosser David Lobensommer als Bürger in einer Steuerliste (Stadtarchiv A530/6226)
1658 Hochwasser
1660 Hochwasser
1661 Hochwasser
1662 Hochwasser
1666 ist das Jahr, in dem vermutlich das Laufener Schiffertheater entstanden ist.
1694 leisten 50 Schiffer öffentlich den Bürgereid.
1698 Hochwasser
In der Zeit von 1698 -1700 wird der Schiffer Mathias Lobensommer geboren, auf den sich viele der heutigen Lobensommer-Familien zurückverfolgen lassen. Einen Hinweis darauf gibt die Urkunde über die Heirat seines Sohnes Mathias Lobensommer mit Maria Monika Perger (Berger) vom 12. Januar 1761 und die Tatsache, dass die Schiffer vor ihrem dreißigsten Lebensjahr von der Schiffergemeinde keine Genehmigung zur Heirat bekommen haben. Diese Regel wurde streng eingehalten, um die berufliche Konkurrenz zwischen Vätern und Söhnen gering zu halten. Bei der Hochzeit ihres ersten Sohnes waren die Schiffer älter als sechzig Jahre. Das führte dazu, dass es in den Schifferfamilien pro Jahrhundert nur drei Generation gibt.
1705 Hochwasser
1730 ist wahrscheinlich das Jahr, in dem Johann Georg Lobensommer geboren wird. Er ist der Vater des späteren Schiff-und Schoppermeisters Thomas Lobensommer. Johann Georg ist einer der neun Schiffer und Bürger, die 1763 im Laufener Bürgerbuch erwähnt werden.
Um ca. 1731 kommt Mathias Lobensommer als Sohn des Schiffers Mathias Lobensommer und seiner Ehefrau Katharina geb. Standl, zur Welt. Auch hier ist es die Urkunde zu seiner Heirat mit Maria Monika Perger aus dem Jahr 1762, die diese Vermutung nahe legt.
1732 erläßt der Erzbischof Leopold Anton Freiherr von Firmian einen Ausweisungsbefehl gegen die im Erzstift lebenden Protestanten. 20.000 Salzburger müssen ihre Heimat verlassen. Viele von ihnen waren Bergknappen im Salzbergwerk am Dürrnberg. Die Schiffer werden verpflichtet, bei 12 Ausweisungen Fahrdienste zu leisten. Am 29. November 1732 befördern sie 788 Personen von Hallein nach Passau. Als Folge dieser Ausweisungen steht das Erzbistum Salzburg vor dem wirtschaftlichen Ruin. Auch die Schiffer bleiben von Arbeitslosigkeit und Not nicht verschont.
1736 Hochwasser
Am 1. April 1757 wird Oberndorf von einer verheerenden Brandkatastrophe heimgesucht. 79 Häuser, die Schifferkirche St. Nikola und 22 Stadel werden Opfer der Flammen.
1759 Hochwasser
1760 Hochwasser
1761 heiratet der spätere Bürger und Seßthaler Mathias Lobensommer die Maria Monika Perger (Berger), die ebenfalls aus einer alten Schifferfamilie stammt. Noch im selben oder im folgenden Jahr kommt ihrer beider Sohn Christoph zur Welt. Die Quelle für diese Vermutung ist die Heiratsurkunde von Christoph Lobensommer und Barbara Perger (Berger) vom 9. Juli 1792.
1763 sind neun Schiffer mit Namen Lobensommer im Laufener Bürgerbuch verzeichnet.
1770 Hochwasser
1770 wird der Grundstein zur neuen Schifferkirche St. Nicola gelegt.
1772 kommt der spätere Schiff- und Schoppermeister Thomas Lobensommer als Sohn von Johann Georg Lobensommer und seiner Ehefrau Maria Rosina Marzin (Märzin?) zur Welt.
1773 sprengt man den „Nocken“, das gefährliche Hindernis, das über Jahrhunderte hinweg die Schifffahrt eingeschränkt hat. Die Salzschiffe aus Hallein können jetzt mit ihrer Fracht direkt die Landungsstelle in der Altach erreichen.
1785 Hochwasser
1786 Hochwasser
1787 Hochwasser
Am 9. Juli 1792 heiratet der Schiffer Christoph Lobensommer, Schärler, Sohn des Mathias Lobensommer, bürgerlicher Seßthaler in der Altach und der Maria Monika Perger, die Barbara Perger, Tochter des Valentin Perger, Seßthaler in der Altach und der Anna Mayr.
Trauzeugen sind: Leopold Grill, Ratsmitglied und bürgerlicher Bierbrauer in der Altach und Georg Hofer, Salzheber alda unterm Berg. Priester: Johann Baptist Kendler, Kuratkanonikus (Trauungsbuch S.9)
In der Zeit von 1783-1800 beträgt die Salzausfuhr 4.885.859 Zentner. Darüber hinaus transportieren die Schiffer Getreide, Wein, Marmor und andere Handelsgüter. Bürger und Schiffer kommen zu Wohlstand. Die Schifffahrt erreicht ihren Höhepunkt. Von 1790 bis 1800 werden in Laufen 6248 Schiffe gebaut und die Schiffergemeinde erreicht einen Stand von ca. 1100 Personen. Zusammen bilden sie 448 Familien.
1803 bringt das Ende des Kirchenstaates Salzburg. Das Erzbistum wird säkularisiert und dem Großherzog Ferdinand I. von Toskana als Kurfürstentum übertragen
Am 1. März 1804 kommt Thomas Lobensommer, der Sohn von Christoph Lobensommer und seiner Ehefrau Barbara, geb. Perger (Berger) zur Welt. Taufpatin war Elisabeth Mayr, verw. Bäuerin zu Linden (möglicherweise die Tante von Barbara Perger). Der Taufpriester war Kaspar Vorderleitner (Taufbuch1798-1811, S.130).
Im selben Jahr wird am 4. August Cajetanus Augustinus (Rufname Augustin) Lobensommer geboren. Er ist der erste Sohn des Schiffmeisters Thomas Lobensommer und seiner Ehefrau Elisabeth, geb. Hauser (Taufbuch 1798-1811, S.137).
1805 löst sich das Kurfürstentum auf und Salzburg wird österreichische Provinz.
1808 kommt Kajetan Lobensommer, der zweite Sohn des Schiff- und Schoppermeisters Thomas Lobensommer und seiner Ehefrau Elisabeth, geb. Hauser zur Welt (Taufbuch 1798-1811, S.214)
1809 steht Salzburg unter französischer Verwaltung.
Ab 1810 kommt die Provinz Salzburg unter bayrische Herrschaft.
1815 wird Salzburg beim Wiener Kongress zum überwiegenden Teil Österreich zugesprochen. Zu den recht willkürlich abgesplitterten Gebieten gehörten die Orte Waging, Tittmoning, Teisendorf und Laufen.
1816 ist ein Schicksalsjahr: Die Salzach wurde zur nassen Grenze zwischen Bayern und Österreich erklärt und die Stadt Laufen nach einer über tausendjährigen, gemeinsamen Geschichte von seinen Vororten Oberndorf und Altach abgetrennt. Die Zusammengehörigkeit der Schiffer bleibt über die Grenze hinweg in der „Schiffergemeinde Laufen-Oberndorf“ bestehen.
1818 wird das Weihnachtslied Stille-Nacht in der Schifferkirche St. Nikola im Rahmen der Christmette erstmals mit Gitarrenbegleitung vorgetragen. Den Text hat der Hilfspriester Joseph Mohr geschrieben. Die Melodie stammt von Franz Xaver Gruber, Lehrer in Arnsdorf und Organist in St. Nikola.
1820 Hochwasser
1827 Hochwasser.
Die Schiffergemeinde wird zu einer privaten Gesellschaft umgeformt. Diese nennt sich nun „Schiffergesellschaft Laufen-Oberndorf“ mit ca. 180 Mitgliedern. Beitrittsberechtigt sind nur männliche Schiffernachkommen, die körperliche Eignung besitzen und die das 15. Lebensjahr überschritten haben. Wer nicht für den Schifferberuf geeignet war, musste ein anderes Handwerk erlernen oder als Knecht bei den Bauern sein Auskommen suchen.
1828 wird die Schifferordnung erneuert und den Zeitverhältnissen angepaßt. Oberndorf wird zur Marktgemeinde erhoben.
Am 8. Oktober 1832 heiratet der Schiffer Thomas Lobensommer aus der Altach die Anna Maria Asenhammer (Geburtsort unbekannt).
1851 erlassen Österreich und Bayern eine gemeinsame Schifferordnung.
In der Zeit von 1847-1852 befördern die Schiffer 321.000 Zentner Braunkohle, 137.000 Zentner Untersberger Marmor zum Bau der Walhalla bei Regensburg und 240.000 Zentner Militärholz nach Wien. Im Jahr 1852 werden gerade noch 90.000 Zentner Salz nach Linz und 30.000 Zentner bayerisches Salz nach Passau transportiert.
Am 14. Juli 1852 kommt Jakob Lobensommer, Sohn des Schiffers Thomas Lobensommer und seiner Ehefrau Anna-Maria, geb. Asenhammer in der Altach zur Welt.
In der Zeit von 1852 bis 1858 werden 1750 Schiffe gebaut. Die Schopper benötigen dafür 5.200 Fichten.
Im Jahr 1854 beträgt die Jahresfracht der Schiffer insgesamt 668.000 Zentner. Es sind dafür 900-1000 Schiffe erforderlich.
Im Jahr 1855 hat Oberndorf 300 Häuser und 1985 Einwohner.
1859 kommt es wegen zu leicht gebauter Schiffe und der Vernachlässigung der Flussrinne zu mehreren schweren Schiffsunfällen. Der daraus entstandene Frachtschaden betrug 42.000 Gulden. Da jeder durch ein Versehen entstandene Unfall und der damit verbundene Frachtschaden von der Schiffergemeinde vergütet werden musste, entstand der Gemeinde ein ungeheurer Schaden.
1860 wird die Lokalbahn Salzburg Oberndorf projektiert. Die Schiffer befördern neben anderen Handelswaren noch 180.000 Zentner bayerisches und 130.000 Zentner Halleiner Salz.
1861 Hochwasser
1863 kommt es in Laufen zu einer großen Brandkatastrophe. Fünfzehn Hauptgebäude und fünf Nebengebäude sind ein Raub der Flammen.
1864 zählen nach den Akten des Pfarrarchivs von Oberndorf die Schifferfamilien - samt Frauen und Kindern - 723 Köpfe; darunter befinden sich 208 aktive Mitglieder der Schiffergemeinde und 100 großjährige, ledige Schiffer, so dass der Gesamtstand der Schiffer in diesem Jahr mit 308 beziffert wird.
1865 Hochwasser
Am 23. August 1866 findet der letzte königliche bayerische Salztransport von Rif bei Salzburg nach Passau statt. Das bayerische Salz wird ab jetzt mit der Eisenbahn transportiert.
1870 wird auf dem Bühelhaidener Kalvarienberg ein Schiffermarterl mit folgender Inschrift errichtet: Zum Andenken an Matthias Lobensommer, Schiffersohn von der Altach, welcher am 14. Oktober 1870 in den Fluten der Salzach im 39. Lebensjahr den Tod fand. Es könnte sich dabei um einen Sohn von Thomas und Anna Maria Lobensommer geb. Asenhammer handeln.
1871 stirbt Thomas Lobensommer in der Altach. Er war der letzte aktive Salzschiffer, der den Namen Lobensommer getragen hat. Die Fertigstellung der Eisenbahnlinie Salzburg-Wels-Linz-Wien mit Anbindungen an Hallein, Simbach/Inn und Passau bringt im Juli dieses Jahres die Salzbeförderung auf dem Wasser endgültig zum erliegen.
1874 verstirbt Anna Maria Lobensommer, die Ehefrau des Schiffers Thomas Lobensommer, in der Altach.
Von 1880 bis 1900 registriert man in Laufen und Oberndorf dreizehn schwere Hochwasser. Jenes von 1899 beschädigt die Holzbrücke zwischen Laufen und Oberndorf so schwer, daß man sich entschließt, sie nicht wieder aufzubauen.
Am 17. Juni1883 heiratet der Taglöhner Jakob Lobensommer (geb. 1852) aus Oberndorf die Anna Obis aus Teisendorf. Jakob Lobensommer hatte viel Erfolg im Viehhandel. Im Jahr 1908 sind er und seine Frau die Eigentümer des Wastenhofes in Zell bei Lauter, Gemeinde Wonneberg. Der Hof wird heute noch von den Nachkommen bewirtschaftet.
Was heute noch zur Salzschifffahrt in Laufen und Oberndorf überliefert ist, beschränkt sich im wesentlichen auf die wirtschaftliche und rechtliche Situation der Schifffahrt in Form von Fracht- und Mitgliederstatistiken, Salztransportverträgen, Buchführungsdokumenten und den Schiffer-ordnungen. So können wir uns noch ein gutes Bild über die Organisation und die wirtschaftlichen Umstände in der Schifffahrt machen. Zum Leben der Menschen hingegen ist uns kaum etwas bekannt. Die wenigen schriftlichen Überlieferungen aus dem 19. Jh. reichen gerade noch aus, um in Ansätzen zeigen zu können, wie die Schiffer von ihrem sozialen Umfeld wahrgenommen wurden und wie sich ihre Beziehungen innerhalb der Schiffergemeinde gestaltet haben. Es sind dies aber nur Momentaufnahmen aus einer Epoche, in der die Blütezeit der Schifffahrt gerade zu Ende ging oder aber bereits schon Geschichte war.
Von Johann Andreas Seethaler (*1762 Hallein, †1844 Salzburg), Pfleger von Laufen, gibt es eine Beschreibung des Pfleg-, Stadt- und Landgerichts Laufen, die ca. 700 Seiten umfasst und die er im Jahr 1802 beendet hat. Es ist das erste Dokument, das sich unter anderem auch mit dem Leben der Schiffer beschäftigt. Detaillierte Aufzeichnungen über die sozialen Verhältnisse in der Gesellschaft waren damals noch nicht üblich. Der nächste Biograph der Salzschiffer war der Oberndorfer Pfarrer Franz Anthaller. 1855 beschreibt er das Leben in der Pfarrei Sankt Nicola. Zu Beginn des zwanzigsten Jh. hat sich dann besonders der Salzburger Lehrer und Volkskundler Karl Adrian (*1861, †1949) um die Geschichte der Salzachschiffer bemüht. Er hat vor allem Aufzeichnungen im Zusammenhang mit dem Brauchtum im Salzburger Land hinterlassen. Bei den Zeitzeugen, die er befragen konnte, handelte es sich bereits um jene Nachkommen der Salzschiffer, die selbst kaum noch eine Erinnerung an die Schifffahrt hatten. Die mündlichen Überlieferungen aus dem Leben der Salzschiffer beziehen sich auf die Zeit des Eisenbahnbaus, in der viele Schifferfamilien bereits verarmt waren. Zwei Volkssängerinnen und Volksliedsammlerinnen, die Schwestern Bertha und Josefa Schiefer aus Laufen, haben neben vielen Liedern aus dem Umfeld der Salzachschiffer auch noch eine Reihe von Geschichten und Anekdoten vor dem Vergessen retten können.
Wie kritisch es im Jahr 1921 bereits um das Wissen zur Geschichte der Schifffahrt an Salzach und Inn bestellt war, geht aus einem Aufruf von Karl Adrian hervor, der im selben Jahr in der Zeitschrift „Heimatgaue“, einer Zeitschrift für oberösterreichische Geschichte, Landes- und Volkskunde veröffentlicht wurde.
Zitat:
…Die Inn- und Salzachschifffahrt hat nicht nur ihre eigene Geschichte hinter sich, sie bildete auch nahezu bis auf unsere Tage eine wichtige Erwerbsquelle eines großen Teiles der Bewohner dieses Gaues. Über sie bestehen ja schon einzelne Schriften und Abhandlungen, die aber alle mehr oder weniger nur örtliche Bedeutung haben, während wir einer Gesamtdarstellung dieses hervorragenden Wirtschaftszweiges noch immer entbehren…
...es ist hoch an der Zeit alle Überlieferungen zu sammeln, die mit dieser Frage in irgendeiner Beziehung stehen. Vor allem wende man sich den lebenden Quellen zu, das sind jene Persönlichkeiten, die selbst noch im Dienste der Schifffahrt standen. Ihre Zahl dürfte nicht mehr allzu groß sein, deshalb ist es umso gebotener, ihre Erinnerungen die sich auf das Leben der Schiffer, wie auf alle Fragen der Schifffahrt beziehen, aufzuzeichnen…
…Die Sammlung hätte sich in Bezug auf die Schifffahrt auf folgende, nach Schlagworten verzeichnete Stoffgebiete zu beziehen: Die Fahrzeuge und der Betrieb der Schifffahrt, die Handels-, Markt- und Klosterschiffahrt, Schiffsherren, Ausfergen, Naufergen, Schiffsknechte, Fertiger, Umgeher, Schifftreiber, Schopper und Zölle, Zollstätten an Inn und Salzach, Schifferrechte, Wassermarken, Urfahrrechte, Salzschifffahrt, Personenbeförderung, Scheflehen usw. Was das Leben des Schiffers vergangener Zeit betrifft, so mögen alle seine Eigenheiten wie sie Beruf und Persönlichkeit anhaften, in Betracht gezogen werden. Insbesondere handelt es sich dabei um folgende Punkte:
a) Sitte und Brauch (Taufe, Hochzeit, Tod und Begräbnis, kirchliches Leben und dessen Einfluss auf das bürgerliche);
b) Schiffersprache,
c) Volksschauspiel, Schiffersagen und sonstige Volksdichtung im Zusammenhang mit dem Schifferleben;
d) Schifferglaube und Aberglaube;
Vorerst gilt es vor allem der Sammlung, Feststellung und Sicherung des Sammelgutes. Zu dem Zwecke mögen es sich die einzelnen Heimatschutzvereine angelegen sein lassen, in ihrem Kreise Mitarbeiter zu gewinnen, die sich mit Liebe und Tatkraft dieser Aufgabe widmen…..
Soweit Karl Adrian im Jahr 1921. Sehr viel ist nach diesem Aufruf nicht zusammengekommen. Die Zeit war wohl schon vorbei, in der über das Leben der Schiffer aus früheren Zeiten noch hätte berichtet werden können. So ist es heute die Aufgabe der Historiker aus den vorhandenen Bruchstücken ein Ganzes zu interpretieren.
Um ihre Existenz als eigenständige Schiffergemeinde zu sichern, haben sich die Schifferfamilien über Jahrhunderte hinweg gegenüber ihrem Umfeld abgeschottet. Umgeben von agrarischer Landbevölkerung und Bürgerfamilien bildeten sie eine eigene Gruppe, die sich streng auf Hierarchie und Standeszugehörigkeit gründete. Das führte soweit, dass sie sich auch in ihrer Umgangssprache von der Bevölkerung im Rupertiwinkel und dem Salzburger Land zu unterscheiden wussten und wohl deshalb auch als „Schöfnackei“ bezeichnet wurden. Dieser Ausdruck ist meist als Schimpfwort benützt worden. Heute hingegen darf man wieder Stolz sein, einen echten „Schöfnackei“ als Vorfahren zu haben.
Die kleinen Einblicke in die Lebensumstände der Schiffer, die uns Karl Zinnburg in seinem Buch „Salzschiffer und Schifferschützen“ zu geben versucht, sind das Ergebnis seiner Recherchen vor allem bei jenen Personen, die sich schon seit Jahrzehnten um die Bewahrung der Geschichte und der Tradition der Salzschiffer bemüht hatten, wie der ehemalige Archivleiter des Schifferschützen Corps, Alois Niedermayr aus Oberndorf. Karl Zinnburg schreibt:
…Man kann die alten „Schöfnakei“ etwa mit einer „harten Nuss mit weichem Kern“ vergleichen; das heißt: Nach außen hin stellten sie sich wohl etwas ungehobelt zur Schau, doch nach innen galten sie als sehr sensibel, empfindlich und standesbewusst. Die Arbeit forderte den Schiffern strenge Disziplin und Ausdauer ab. Wetterfühlig durften sie nicht sein. Ständig standen sie im Existenzkampf mit der Natur und ihren Un-bilden; dazu kamen noch ungezählte schwere Schicksalsschläge, die sie mit ihren Familien meistern mussten. Man kann heute nicht mehr feststellen was sie am härtesten traf: Hochwasser, Unwetter, Seuchen, Brände in ihren Siedlungen, Kriege oder die alljährlich sich während der Winterszeit einstellende Not durch Verdienstlosigkeit, wenn bei niedrigem Wasserstand die Schifffahrt eingestellt werden musste“...
…Die Aufnahme in die Schiffergemeinde war an schwere Bedingungen geknüpft, die mit zunehmender Notlage (Niedergang der Schifffahrt) immer noch härter wurden. Um „angehörig der Schiffergemeinde“ zu werden, musste erst eine Planstelle frei werden. Innerhalb der geschlossenen Gemeinde bildeten die Mitglieder Klassen oder Ständegruppen...
…Die Ständegruppen reichten in mehreren Stufen vom Scharler (Hilfsarbeiter) bis zum Seßtaler oder Kondukteur (Führer eines Schiffszuges). Zudem unterschied man „aktive Gemeindemitglieder“ und „Zugeteilte“ (Auswärtige). Nur die aktiven Mitglieder hatten Wahl- und Mitspracherecht. Ausschließlich ortsansässige, männliche Abkömmlinge von Schifferfamilien hatten das Anrecht in die Gemeinde aufgenommen zu werden, sofern sie die erforderlichen (körperlichen und gesundheitlichen) Voraussetzungen mitbrachten…
… Auch bezüglich der Heirat bedurfte es einer Genehmigung durch die Gemeinde, die in der Regel einem Schiffer vor dem 30. Lebensjahr nicht erteilt wurde…
…Es lässt sich unschwer feststellen, dass die Schiffer mit ihren Familien fest im katholischen Glauben verwurzelt waren. Aus der religiösen Treue ergab sich auch die Treue zu ihren erzbischöflichen Landesherren, die die Schiffer dafür wiederholt auszeichneten und privilegierten... Soweit das Zitat.
Die Schiffer waren vom Frühjahr bis in den Herbst meist auf Fahrt. In der Zeit von Weihnachten bis März war die Schifffahrt wegen Niedrigwasser und Eis eingestellt. Viele Schiffer mußten in dieser Zeit auf so genannten Heischegängen als Sternsinger und Theaterspieler durch das Land ziehen um ihre Familien ernähren zu können. Die Schiffergemeinde hatte zwischen Laufen und Burghausen ein Fischrecht und zwischen Salzburg und Laufen durften die Schiffer Treibholz aus der Salzach fischen. Trotz häufiger Bemühungen durch die Obrigkeit war es nicht möglich gewesen, die Schiffer in dieser Jahreszeit einer geregelten Arbeit zuzuführen, was ihnen (ungerechterweise) als Faulheit ausgelegt wurde. Ihr Verhalten hatte wohl auch damit zu tun, dass ihr ganzer Berufsstand in der Schifffahrt weitgehend unabhängig von den Arbeitgebern (Erzbischof und Salzfertiger) agieren konnte und sich nicht unbedingt allen bürgerlichen Regeln unterwerfen mussten. Es scheint, als ob sie deshalb auch in den Notzeiten selbst über sich und ihre Familien bestimmen wollten. Eine ausgezeichnete Zusammenfassung zur Entwicklung und Geschichte der Salzschifffahrt gibt der Salzburger Historiker Prof. Dr. Heinz Dopsch in dem Buch „Laufen und Oberndorf - 1250 Jahre Geschichte, Wirtschaft und Kultur an beiden Ufern der Salzach“ in dem Beitrag „Laufen als Zentrum der Salzschifffahrt“, den er unter Mitarbeit von Herbert Lämmermeyer aus Oberndorf erstellt hat.
Für die Frauen der Schiffer ergaben sich aus der Schifffahrt ganz speziel-le Probleme. Sie stammten in aller Regel selbst aus Schifferfamilien und verfügten selten über Schulbildung. Von ihren Müttern wurden sie ausschließlich auf die Arbeiten einer Hausfrau und auf die Kindererziehung vorbereitet. Wenn die Schiffer zu Hause waren, hielten sie sich häufig im Wirtshaus auf, wo die Neuigkeiten ausgetauscht wurden und wo man auch die Besatzungen der nächsten Schiffszüge zusammenstellte. Auf diese Weise verbrachte eine Schifferfrau einen wesentlichen Teil ihres Lebens in der Gesellschaft ihrer Kinder und der anderen Schifferfrauen. Mit ihren Problemen und Nöten blieben sie meist auf sich alleine gestellt, was zu einer gewissen Abhärmung führte, die wiederum als unduldsame Härte ausgelegt wurde. Oftmals sagte man den Schifferfrauen nach, dass sie gerne keifen. Die Schifferfrauen hatten zu allen Zeiten keinen leichten Stand. Wenn die häufigen Hochwasser oder andere Katastrophen wieder einmal das Hab und Gut vernichtet haben, waren sie es, die mit den Kindern am meisten darunter zu leiden hatten.
Die gesellschaftliche Stellung der Schiffer lässt sich mit dem Wort „komplex“ gut umschreiben. Die bürgerliche Gesellschaft machte sich im Allgemeinen mit den Schiffern nicht viel zu schaffen. Sie waren ihnen zu ungebildet und in ihrem Auftreten zu grob und ungehobelt; Eigen-schaften, die sicherlich der Schifferberuf mit sich brachte. Die Bürger wussten jedoch sehr genau, dass der Wohlstand in Laufen zu einem großen Teil von der Arbeit der Schiffer bestimmt wurde und dass die-jenigen Schiffer, die die Bürgerrechte erworben hatten, mit ihnen sozial auf gleicher Augenhöhe standen. Zum Beispiel hatte das Laufener Gemeindekollegium immer wieder Schiffer als Mitglieder. Mit dem Wissen um die Bedeutung ihrer Arbeit, mit dem starken familiären Zusammen-halt in der Schiffergemeinde (jeder war mit jedem irgendwie verwandt), mit ihrem hohen Berufsethos und dem Rückhalt bei ihrem erzbischöflichen Landesherren, bildeten sie in Laufen über Jahrhunderte einen nicht zu unterschätzenden Machtfaktor, der auch im selbstbewussten Auftreten der Schiffer zum Ausdruck kam. Es ist sicherlich keinem Zufall zu verdanken, dass sich das Schifferschützen-Corps von Laufen und Oberndorf seit seinem Gründungsjahr 1278 bis heute erhalten hat. Damit ist sie wahrscheinlich die älteste dokumentierte Vereinigung im deutschsprachigen Raum.
Die Schiffer waren in ihrer Zeit allesamt weit gereiste Leute. Man möchte meinen, sie wären deshalb weltoffen und aufgeschlossen für alles Neue gewesen. Die Geschichte zeigt aber, dass sie durch die starke Einbindung in die Traditionen ihres Standes einschneidende Veränderungen in ihrem beruflichen und gesellschaftlichen Umfeld nicht zuge-lassen haben. Heute würde man sagen, sie waren durch ihren Traditionalismus „betriebsblind“ und unfähig, Visionen für die Zukunft zu ent-wickeln. Mit dem Niedergang der jahrhundertealten Salzachschifffahrt, der durch den Eisenbahnbau noch ungemein beschleunigt wurde, konnten sich die Schiffer nicht abfinden. Sehr viele haben deshalb auch nicht rechtzeitig den Absprung in andere Berufe geschafft. Die Konse-quenz daraus war, dass selbst ehemals wohlhabende und angesehene Schifferfamilien verarmt sind. In vielen Familien hat es oft mehrere Generationen gedauert, bis sie mit viel Fleiß und Anstrengung wieder zu bescheidenem Wohlstand gekommen sind.
Ein Beispiel, das die Haltung der Schiffer besonders gut widerspiegelt, war der Kauf eines Dampfschiffes im Jahr 1860. Ein wesentlicher Nachteil der Flussschifffahrt im Konkurrenzkampf mit der aufstrebenden Bahn war damals der Gegenzug, der Rücktransport beladener Frachtschiffe. Auf der Salzach hatte man den Gegenzug aus Kostengründen schon seit einiger Zeit eingestellt und die Treidel oder Treppelwege verfallen lassen. Jährlich mußten die Schopper bis zu 1200 Plätten leicht und billig als „Einwegschiffe“ bauen. An den Zielorten Linz oder Wien wurden sie zu einem Bruchteil der Herstellkosten an so genannte „Plättenschinder“ veräußert. Diese haben die Transportschiffe zerlegt und als Brennholz verkauft.
Mit den aufkommenden Dampfschiffen schien es eine Zeit so, als könnte man Warentransporte flussaufwärts auf Salzach und Inn wieder gewinnbringend durchführen. Die Schiffergemeinde gab deshalb bei der Werft Ignaz Mayer in Linz einen ca. 45m langen 200 PS-Raddampfer in Auftrag, den man auf den Namen des Salzburger Landes-patrons „St. Rupertus“ getauft hat. Bereits auf seiner Jungfernfahrt von Linz nach Laufen explodierte am 23. Juni 1860 der Zylinderkopf kurz vor Braunau. Nach der Reparatur erreichte der Dampfer mit zwei Lastkähnen am 1. Juli 1860 die Schiffslände in der Altach. Auf der Rückfahrt nach Passau gab es Kollisionen mit den Brückenpfeilern in Burghausen und Braunau. Ein Radkasten und Schaufelrad gingen in Trümmer. Nach der Reparatur in Linz traf die „Rupertus“ am 23. Juli wieder in Laufen ein um eine Befahrung der Strecke Laufen-Salzburg durchzuführen. Wegen Niedrigwasser war das Unternehmen jedoch nicht möglich. Am 31.Juli fuhr der Dampfer zurück nach Linz. Die Dampferfahrten haben sich wirtschaftlich für die Schiffergemeinde nicht rentiert. 1861 konnte das Boot nur mit Verlust nach Ungarn verkauft werden. Der Versuch mit dem Dampfschiff „St. Rupertus“ machte den Schiffern deutlich, welche Grenzen die Salzach für diese neue Technik setzte. Auf Grund ihrer jahrhundertelangen Erfahrungen mit dem Fluss hätte ihnen schon vor dem Kauf des Schiffes die Problematik des schnell wechselnden Wasserstandes klar werden müssen. Der Kampf um die Erhaltung ihrer Schifffahrt ließ solche Einsichten aber offensichtlich nicht zu. Im Juli 1871 brachte die Fertigstellung der Eisenbahnlinie Salzburg-Wels-Linz-Wien mit Anbindungen an Hallein, Simbach/Inn und Passau die Salzbeförderung auf dem Wasser endgültig zum erliegen.
Im Jahr 1884 geschah etwas das zeigt, dass die Schiffer unter keinen Umständen bereit waren ihr angestammtes Handwerk aufzugeben. Ein unbeugsamer Wille, sich gegen Naturkatastrophen und solche „Zeiterscheinungen“ wie die Eisenbahn zu behaupten, brachte die Schiffer neuerlich auf die Idee, ein Dampfschiff zu kaufen. Neben dem Warentransport, der auch nicht mehr lukrativ war, wollte man nun noch eine Personenbeförderung betreiben. Den Anlass zu diesen Überlegungen bildete der Besuch des Dampfschiffes „Salzburg“ der Donau-Inn-Dampfschiffgesellschaft am 10. Juni 1884. Das Schiff sollte Salzburg erreichen. Niedrigwasser auf der Salzach ließ auch dieses Unternehmen scheitern. Am 25. Januar 1885 wurde das Dampfschiff von 10 Pferden zum Wallersee gezogen, wo man es nach kurzem Einsatz im Personenverkehr als Brennholz verkauft hat. Nur durch diesen Misserfolg der Donau-Inn-Dampfschiffgesellschaft entgingen die Schiffer einem weiteren großen Schaden. Bei dem bisher größten Hochwasser am 14. und 15. September 1899 wurden weite Teile von Oberndorf und der Altach verwüstet. 1903 hat dann die Eisenbahn auch noch die Holz- und Sandausfuhr von Hallein nach Oberndorf an sich gerissen. Die Schifffahrt, mit einer fast tausendjährigen Tradition kam damit für immer zum Erliegen und die Armut hat besonders in Oberndorf und in der Altach in einem nie gekannten Ausmaße um sich gegriffen.
Historische Quellen zeigen, dass es vom Spätmittelalter bis ca.1860 immer wieder Schiffer gab, die in Laufen die Bürgerrechte besaßen. Reich sind sie sicherlich nicht gewesen, wir können aber davon ausgehen, dass sie ein für ihre Verhältnisse gutes finanzielles Auskommen hatten. Bürgerrechte konnte die Stadt Laufen ab dem Jahr 1444 vergeben. In dem bereits erwähnten Buch „Laufen und Oberndorf - 1250 Jahre Geschichte, Wirtschaft und Kultur an beiden Ufern der Salzach“ beschreibt Hans Roth auf Seite 135 die Voraussetzungen, die erforderlich waren, um in Laufen das Bürgerrecht zu erlangen.
Zitat:
… Die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung des Bürgerrechts waren:
- die persönliche Freiheit, also der Nachweis keiner anderen Herrschaft untertan zu sein;
- der Nachweis der ehelichen Geburt;
- die Entrichtung einer Aufnahmegebühr und zusätzlicher einmaliger Abgaben;
- die Leistung des Bürgereides gegenüber dem Landesherren und der Stadtobrigkeit;
Bürgersöhne hatten Anspruch auf das Bürgerrecht, mussten sich aber ebenfalls darum bewerben, die Aufnahmegebühr war in solchen Fällen geringer oder konnte ganz erlassen werden, die zusätzlichen Taxen blieben aber gleich. Der Nachweis von Haus- und Grundbesitz im Burgfrieden der Stadt war nicht unbedingt erforderlich, jedoch waren geordnete finanzielle Verhältnisse, ebenso ab der Mitte des 16. Jahrhunderts die Ablegung des Glaubensbekenntnisses vor einem Ortsgeistlichen die Voraussetzung, um als Bürger aufgenommen zu werden……
…Kein Interesse Bestand dagegen an der Aufnahme unbegüteter Bewerber oder sozialer Randgruppen… Zitatende.
1463 wird der Schiffer und Bürger Hanns Lobensumer in einem Pachtvertrag genannt. Im Jahr 1694 leisten 50 Schiffer öffentlich den Bürgereid. 1763 erscheinen in einem Dokument alleine neun Schiffer mit dem Familiennamen Lobensommer und bis in das Jahr 1866 findet man im Stadtarchiv immer wieder Einträge zu Schiffern.
Die Mehrheit der Schifferfamilien lebte in Oberndorf und in der Altach. Der bürgerliche Seßthaler Mathias Lobensommer, einer meiner direkten Vorfahren, ist ein Beweis dafür, dass es bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts auch unter den Oberndorfer und Altacher Schiffern Bürger gegeben hat. Da sich meine Nachforschungen alleine auf die Bürger aus der Schifferfamilie Lobensommer beschränken, kann ich nur auf diese verweisen.
Alle Schiffer waren Mitglieder der Schiffergemeinde. Somit bildeten auch die bürgerlichen Schiffer einen integralen Bestandteil dieser Vereinigung, deren Einfluss weit über den einer Standesvertretung hinausging.
Im Jahr 1816 wurde Laufen in einem politischen Willkürakt von Oberndorf und der Altach getrennt. Die Laufener waren nun Untertanen des bayerischen Königs. Oberndorf und die Altach fielen an Österreich. Die Salzach, die ehemalige Lebensader der Region, ist seither die „nasse Grenze“ in einem alten Kulturland, dessen Geschichte und Tradition immer noch zusammen gehört.
Über ein Jahrtausend hinweg ermöglichte die Salzach den Transport von Salz und Handelswaren. Sie bescherte dem Land Wohlstand und Ansehen. Den Schiffern und Schoppern (Schiffbauer) verschaffte sie Verdienstmöglichkeiten und bildete damit die Grundlage ihrer Existenz. Die Charakteristiken eines Flusses bestimmen darüber, ob, wie und mit was auf ihm Schifffahrt betrieben werden kann. Die Salzach ist heute ein weitgehend regulierter Fluss, der in ein schmales von Hochwasserdämmen und Uferverbauungen gesichertes Bett eingezwängt ist. Nur wenig lässt noch auf den ursprünglichen Zustand schließen. Alte Bilder und Gemälde sind die einzigen Zeugen, die einen Hinweis darauf geben, wie die Salzach zu Zeiten der Salzschiffer ausgesehen hat. Auf dem Panoramabild von Michael Sattler (1786-1847) aus dem Jahre 1829 ist die Salzach im Stadtbereich von Salzburg von vielen Sandbänken durchsetzt, die den Fluss in mehrere Nebenarme aufteilen.
(Siehe Abbildung am Ende des Textes)
Der Unterschied der Wasserführung zwischen den Sommer- und Wintermonaten ist bei der Salzach größer als bei sämtlichen anderen Flüssen der Kalkalpe1). Gebirgsflüsse wie die Salzach sind darüber hinaus im besonderen Maße dadurch gekennzeichnet, das sich ihr Wasserstand nicht nur regelmäßig im Jahresverlauf verändert sondern auch stark von den gerade herrschenden lokalen Wetterbedingungen abhängt. Nach schweren Gewitterstürmen, aber besonders nach den Hochwässern, die jährlich mehrmals auftraten, hat sich der Lauf des Flusses und seiner Nebenarme jedes Mal aufs neue geformt. Das war wegen des geringeren Gefälles besonders auf der Strecke von Laufen bis Passau zu beobachten. Die Salzschiffer mussten somit immer wieder eine geeignete Fahrrinne suchen, um die Fracht sicher an ihr Ziel zu bringen. Der Wasserstand der Salzach, der sich unvorhersehbar in kurzer Zeit ändern konnte, war ein Problem, mit dem die Schiffer immer zu kämpfen hatten. Schifffahrt konnte durchschnittlich nur an 180 Tagen im Jahr betrieben werden. Die Saison dauerte von März bis Dezember3)
Wie über das Leben der Schiffer, so wissen wir auch über den Schiffbau in früheren Jahrhunderten wenig. Für die Zeit vom 14. Jh. bis zum Ende des 19.Jh. sind nur die Namen der Schiffstypen und zum Teil deren Größenmaße überliefert. Das einzige Anschauungsmaterial zum Schiffbau sind historische Bilder und Zeichnungen von Flussschiffen, wie sie auf der Salzach, dem Inn und auf der Donau verkehrt sind. Ein weiteres Zeugnis ist der Schiffsfund aus dem Jahre 1976 bei Altenwörth nahe Krems in Niederöstereich. Bei dem Schiffsfund handelt es sich um Fragmente einer Plätte, die um 1810 gebaut wurde. Der Fund wurde von Dr. Ing. Kurt Schaefer minutiös aufgenommen, ausgewertet und anschließend in einer sehr detaillierten Rekonstruktionszeichnung festgehalten. Es handelt dabei sich um den bisher einzigen historischen Großschiff-Fund im deutschen und österreichischen Donauraum.
(Siehe Zeichnung am Ende des Textes)
Die Fotografie der „Salzburger Plätte“ an der Lände von Urfahr stammt etwa aus dem Jahr 1900. Sie ist Teil der Sammlung Neweklowsky und befindet sich heute im deutschen Museum in München. Der Autor der Fotografie ist unbekannt. (Siehe Foto am Ende des Textes).
Damit auf Flüssen mit stark schwankenden Wasserständen die Schifffahrt wirtschaftlich betrieben werden konnte, waren Schiffe mit besonders geringem Tiefgang erforderlich, die sich einfach herstellen ließen. Sie mussten auch bei Niedrigwasser noch über seichte Stellen sicher hinweg gleiten. Als zweckmäßigste Form hat sich dabei jene mit einem flachen Bretterboden erwiesen, der an Bug und Heck hochgezogen war. Man nennt sie „Zillen“ oder „Plätten“. Die historischen Aufzeichnungen belegen, daß die Zuordnung der beiden Bezeichnungen im Donauraum nicht eindeutig gewesen ist. Je nach Region wurde dem einen oder anderen Namen der Vorzug gegeben. Als Plätten bezeichnete man jedoch überwiegend größere Schiffe mit geradem, breitem Heck oder solche, die nur zur Talfahrt Verwendung fanden und die man an den Zielorten zerlegt und als Brennholz verkauft hat4. Zillen hingegen sind kleinere Boote, mit spitz zulaufendem Bug und Heck, die in einem Schiffszug für vielerlei Aufgaben eingesetzt wurden. Wie die Rekonstruktionszeichnung des Schiffsfundes von 1976 und das Foto von 1900 zeigen, haben sich die Schiffstypen über lange Zeiten bewährt und nur wenig verändert. Dass lässt den Rückschluss zu, dass auch die handwerklichen Techniken der Schiffbauer über die Jahrhunderte im Grundsatz gleich geblieben sind.
Um die Sicherheit des Transportgutes zu gewährleisten und den Materialaufwand beim Bau der Schiffe trotzdem gering zu halten, gab es für die Laufener Salzschiffe in allen Jahrhunderten verbindliche Bauvorschriften in Bezug auf Länge und Breite. Daraus und aus der Art der Beladung ergaben sich wiederum alle anderen Maße wie z.B. die erforderliche Dicke des Schiffsbodens und die Höhe der Seitenwände. Ziel war es dabei immer, Schiffe zu bauen, die sich durch einen geringen Tiefgang auszeichneten. Die Bauvorschriften sind im Wesentlichen in den Schifferordnungen festgehalten, die von den Salzburger Erzbischöfen erlassen wurden5).
Die Erbauer dieser Schiffe, die „Schopper“, bekamen ihren Namen vom „schoppen“, einem Arbeitsgang, bei dem man die Fugen zwischen den Brettern der Zillen und Plätten mit Moos abgedichtet hat. In der Zeit von 1852 bis 1858 sind in Laufen 1750 Schiffe gebaut worden. Die Schopper benötigen dafür 5200 ausgewachsene Fichten6. Die folgende Beschreibung soll einen kleinen Einblick in den grundsätzlichen Aufbau einer „Plätte“ geben.
Im Gegensatz zu Schiffsplanken, die überlappend miteinander verbunden sind, werden die Bretter der Plätten und Zillen nur auf Stoß zusammengefügt. An der Salzach hat man bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts auf den „Schopperplätzen“ große, schlank gewachsene Fichtenstämme mit Keilen der Länge nach gespalten und auf diese Weise Bretter verschiedener Breite für den Schiffbau gewonnen. Diese noch recht rohen Bretter wurden dann mit speziellen Äxten auf eine gleichmäßige Dicke gehackt, was ihnen eine relativ glatte Oberfläche verliehen hat. Da bereits in dieser Zeit die Beschaffung von Holz für Plätten immer problematischer wurde, ist man zum rationelleren und vor allem zum holzsparenden Sägen übergegangen7. An der Enns, einem Nebenfluss der Donau, verwendete man noch bis zum Jahre 1851 für die Schiffe der k.k. hauptgewerkschaftlichen Schifferverwaltung gehackte Bretter. Die Schiffbauer wurden dort deshalb nicht Schopper sondern „Schiffhacker" genannt8. Gehackte Bretter haben im Wasser einen geringeren Reibungswiderstand als gesägte.
Die Plätte besitzt einen flachen Boden, der an den Enden aufgebogen ist und von dem auch der Name herrührt. Je nach Breite des Schiffs wurde eine bestimmte Anzahl von Brettern horizontal auf quer liegende Bohlen gelegt und auf der Oberseite provisorisch mit Querhölzern verbunden. Die jeweilige Form von Bug und Heck hat man mit Schablonen auf diesen Boden gezeichnet und ausgesägt. Dieser Schiffsboden wurde nun mit schweren Steinen belegt und die ausgesägten Enden mit Winden nach oben gebogen. Das Grundprofil war damit vorgegeben. Als Nächstes hat man die Seitenwände an den Schiffsboden genagelt. Kleine Schiffe wurden als Schale hergestellt. Die Rippen des Schiffes, die so genannten Kipfen, die Boden und Seitenwände zusammenhalten, hat man zuletzt eingepasst, angenagelt und die provisorisch eingebauten Querhölzer entfernt. Bei großen Schiffen ging das Anschlagen der Seitenbretter, das Einsetzen der Kipfen und das Entfernen der Querhölzer Hand in Hand. Die Kipfen waren im Allgemeinen junge Fichten, die man ausgegraben hatte und deren stärkste Wurzel in einem bestimmten Winkel zum Stamm stehen musste. Bei der riesigen Zahl von Kipfen, die für den Schiffbau notwendig waren, kann man sich gut vorstellen, dass dies für die Entwicklung der Wälder äußerst bedenklich gewesen ist.
Der so entstandene Schiffskörper musste nun abgedichtet werden. Als Dichtungs-material verwendete man langfaseriges, trockenes Moos aus den Wäldern der Umgebung. Die Boden- und Seitenbretter wurden vor dem Zusammenbau an den Stoßstellen angeschrägt, so dass auf der Außenseite des Schiffs keilförmige Fugen entstanden. Diese sind mit Moos ausgefüllt, „geschoppt“ und mit Schlegel und einem Holzkeil verdichtet worden. Als typisches Geräusch beim Zillen- und Plättenbau war das rhythmische Schlagen weithin zu hören. Damit sich das Moos nicht lösen konnte, hat man zuletzt einen Holzspan in die Fuge eingelegt und diesen mit den sog. u-förmigen „Schopperklampfen“ angenagelt. Kommt das trockene Moos mit Wasser in Verbindung saugt es sich voll, dehnt sich aus und dichtet so den Bootskörper ab. Diese scheinbar primitive Art der Abdichtung war in der Regel über mehrere Jahre haltbar. Eine Plätte oder Zille, die nach der Talfahrt nicht am Zielort zerlegt wurde, besaß eine Lebensdauer von 3 bis 4 Jahren. Als letztes sind die Pflöcke zur Befestigung der Ruder und die für den jeweiligen Verwendungszweck erforderlichen Aufbauten in das Schiff eingebaut worden. Plätten und Zillen hatten keinen Anstrich. Die typischen Querstreifen auf den Seitenwänden, wie man sie auf den historischen Darstellungen sieht, wurden eingebrannt9.
Zur Größe der Plätten, die im 19. Jh. in Laufen gebaut wurden, findet man keine verbindlichen Angaben. Die großen Plätten haben aber wahrscheinlich eine Länge von ca. 35m und eine Breite von ca. 5,50m nicht überschritten. In einem Schiff dieser Größe konnte je nach Wasserstand bis zu 40 Tonnen Ladung transportiert werden. Der Tiefgang des Schiffes hat dabei kaum mehr als 35 cm betragen. Wegen des flachen Bodens und des geringen Tiefgangs ist so ein Schiff schwer zu steuern. Das Verhalten ist mit dem eines Floßes zu vergleichen. Ein weiterer Schwachpunkt der Plätten war ihre Empfindlichkeit gegen Seitenwind. Nur mit der Hebelwirkung der bis zu 15m langen Ruder ließen sich solche Schiffe in der Fahrrinne halten. Die Arbeit der Schiffer war deshalb bei der Naufahrt (Talfahrt) über weite Strecken sehr anstrengend. Darüber hinaus mußten sie ständig die Verhältnisse der gewählten Fahrrinne vorausschauend beurteilen. Wie heute bei einem Fernlastzug, so hatte auch schon damals eine kleine Unaufmerksamkeit unter Umständen katastrophale Folgen. Im Deutschen Museum in München steht in der Abteilung Schiffbau das Modell eines Schopperplatzes, an dem man den Bau einer großen Plätte in seinen Einzelheiten sehr gut nachvollziehen kann.
Wie historische Bilddokumente aus dem Mittelalter zeigen, wurde in dieser Zeit der Salztransport auf Zillen durchgeführt. Die Zillen waren symmetrisch gebaut, d.h. an Bug und Heck spitz zulaufend. Die Breite der Zillen betrug in der Mitte höchstens zwei Meter. Ab dem 13. Jh. waren die Abmessungen der Salzschiffe an der Salzach genormt. Die genauen Maße sind nicht bekannt, jedoch kennt man die Ladekapazität einer sog. Burghausener Scheibfahrt, die mit ca. 15,4 Tonnen angegeben ist. Der Schiffstyp war der „Asch“. Neun Mann bildeten die Besatzung. Ein kleineres Schiff war der „Sechser“. Wie der Name schon sagt, bestand die Besatzung aus sechs Schiffern. In der Schifferordnung von 1581 wird ein neuer Schiffstyp als Standard-Salzschiff eingeführt. Der „Hallasch“ war 10,7m lang, in Schiffsmitte an der Reling 2,24m breit und hatte eine Bordhöhe von 84cm. Das Schiff war damit extrem flach und für seichte Flussabschnitte besonders gut geeignet. Bei gleicher Transportkapazität wie der Asch benötigte der Hallasch nur sechs Mann Besatzung. Wie man sieht, hatte bei den Salzschiffern die Rationalisierung im Personalbereich auch im 16. Jh. schon eine wichtige Rolle gespielt. Auf den Schopperplätzen in Laufen und Oberndorf waren sechs beeidete Schoppermeister zugelassen. Die Schifferordnung von 1581 schreibt vor, für den Bau der Hallaschen fichtene Kipfen und Bretter (Laden) aus Buchen- und Fichtenholz zu verwenden. 1594 besaß der Erzbischof für den Salztransport von Hallein bis Passau 106 Hallaschen. Ursprünglich war der Salzhandel von Hallein bis Passau in den Händen von Privatunternehmern, den sog. Fertigern. Die vom Erzbischof privilegierten „Schiffsherren“ hatten das Recht, die Salzschiffe bauen zu lassen und diese an die Fertiger zu vermieteten. Die Schiffer (Hörige des Erzbischofs) übernahmen den Transport. Ab dem 15. Jh. hatte der Erzbischof alle Schiffrechte wieder in seinem Besitz. Mit dem Salzvertrag von 1594 und 1611 zwischen dem Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau und dem bayerischen Herzog Wilhelm V. fiel der Salzhandel an das Erzbistum und das freie Unternehmertum wurde vom Staatsmonopol abgelöst10).
Die Aufgaben in der erzbischöflichen Salzgewinnung, dem Salzhandel und der Salzschifffahrt sind immer schon streng hierarchisch geordnet gewesen. Für die Schifffahrt gibt es aber erst seit dem 16. Jh. genauere Aufzeichnungen darüber.
An der Spitze der Verwaltung stand der erzbischöfliche Pfleger dem die Schifffahrt unterstellt war und der auch das Amt des Schiffrichters bekleidete. Nach dem Pfleger kamen in der Hierarchie die Fertiger. Sie standen ab dem 17. Jh. als Salzhändler im Dienste des Erzbischofs. Der „Umgeher“ hatte in der Schifffahrt die technische Oberaufsicht und war zugleich der Sicherheitsbeauftragte. In diesem Amt hatte er auch die Arbeit der Schopper zu kontrollieren.
Erbausaufergen waren Laufener Bürger denen der Erzbischof von Salzburg 1278 das Recht der Salzachschifffahrt von Hallein bis Laufen (heraus) verliehen hatte. Gab es zuerst vierzig Erbausfergen, so waren es seit dem 16. Jahrhundert nur mehr vier Familien. Naufergen waren in Entsprechung zu den Erbausfergen der Personenkreis aus Laufener Familien, der im erzbischöflichen Schiffswesen für die Fahrt nach unten hin, das heißt in Richtung Burghausen und Passau, berechtigte war.
Für einen Schiffszug, der bei der Naufahrt aus zehn und mehr Schiffen bestand, hatte der Nauferge die Verantwortung. Die „Seßthaler“ führten auf den großen Salzschiffen das Kommando. Sie gehörten in der Schiffahrt zum Mittelstand. Nach ihren Anweisungen lenkten die „Steurer“ oder „Trumler“ die Salzschiffe nicht vom Heck sondern vom Bug aus. Die „Naukehrer“ hatten den hinteren Teil des Schiffes zu bedienen. „Bruckgatter“ waren Ruderer, die auch beschädigte Salzfässer (Salzkufen) ausbessern mussten. Der „Wasserseher“ fuhr auf einer kleinen Zille dem Schiffszug um Stunden voraus und kontrollierte mit seinen Helfern, den „Starioten“ die Markierungen der Fahrrinne. Zu jedem Schiffszug gehörte auch der „Nachplätter“. Er dirigierte das Schlussschiff, die Nachplätte, die bei Unfällen die Aufgabe eines Rettungsschiffes übernehmen mußte. Zu diesem Zweck war sie mit dem notwendigen „Geschirr“ wie Ruder, Haken, Wasserstecken u.s.w. ausgerüstet. Auf der Nachplätte durften niemals fremde Personen mitfahren. Der Nachplätter hörte auf das Kommando eines Seßthalers.
Die Gruppe der aktiven Schiffer wurde von den Seßthalern, Steurern, Naukehrern, Nachplättern und Bruckgattern gebildet. Im untersten Rang waren die Scharler, die alle Nebentätigkeiten ausführen mussten. Am Beginn jedes Schifferlebens stand aber die Karriere als Schiffbub; er war der Lehrling und kam im Alter von ca. 15 Jahren zur Schifffahrt11).
Von den Scharlern heißt es, dass sie im Rang eines Tagelöhners arbeiteten, meist ledig geboren waren (Strohbankert) und keine Aufstiegsmöglichkeiten besaßen. Diese Aussage wird jedoch von einem Eintrag aus dem Heiratregister der Laufener Stiftskirche relativiert:
Am 9. Juli 1792 heiratet der Schärler Christoph Lobensommer, Sohn des Mathias Lobensommer, bürgerlicher Seßthaler in der Altach und der Maria Monika Perger, die Barbara Perger, Tochter des Valentin Perger, Seßthaler in der Altach und der Anna Mayr.
Zeugen sind: Leopold Grill, Ratsmitglied und bürgerlicher Bierbrauer in der Altach und Georg Hofer, Salzheber alda unterm Berg. Priester: Johann Baptist Kendler, Kuratkanonikus (Trauungsbuch S.9)
Mathias Lobensommer ist zum Zeitpunkt der Heirat ca. 30 Jahre alt. Sein Vater ist Bürger und Seßthaler, sein Schwiegervater ebenfalls Seßthaler und sein Trauzeuge ist Ratsmitglied in Laufen. Dieses alles passt nicht so recht zu seiner Rangstufe als Schärler. Es gibt dafür nur eine plausible Erklärung: Die unverheirateten Schiffersöhne verblieben in dieser Zeit bis zu ihrer Heirat in der untersten Rangstufe der Salzschifffahrt. Erst danach hatten sie die Möglichkeit, sich in höhere Rangstufen vorzuarbeiten. Diese Vermutung deckt sich weitgehend mit einer Aussage aus dem Buch „Laufen und Oberndorf – 1250 Jahre Geschichte, Wirtschaft und Kultur an beiden Ufern der Salzach“. Prof. Dr. Heinz Dopsch schreibt auf der Seite 81: …“der Zugang zu den höheren Rangstufen wie Naufergen, Schiffknechten und Seßthalern stand nur verheirateten Schiffleuten offen“...
Neben den genannten Funktionen auf den Salzschiffen gab es noch eine Reihe von Aufgaben an Land. Da waren z.B. die Salzheber, die verantwortlich waren für die fachgerechte Verladung des Salzes. Der Gnoß hatte administrative Aufgaben. Er war mit der Auszahlung betraut und ihm oblag die Ausrüstung der Schiffe mit dem notwendigen Material. Der Lebsalzer war der Verwalter des „Gschirrgaden“, in dem die Schiffsausrüstungen gelagert waren und die nur er gegen Gebühr verleihen durfte. Die aufgezeigte Rangordnung hatte bis 1816 Bestand; dem Jahr in dem die Stadt Laufen bayrisch und ihre Stadtteile Oberndorf und die Altach österreichisch wurde12). In der Zeit danach verloren diese Rangordnungen ihren offiziellen Charakter, weil weder Österreich noch Bayern die alten Schifferordnungen aus erzbischöflicher Zeit anerkannten.
Ein großes Hindernis für die Schifffahrt auf Salzach, Inn und Donau waren die seit Jahrhunderten gültigen vielfältigsten Mautgebühren auf der Strecke von Salzburg bis Linz und Wien. Diese Wasserzölle und Umschlaggebühren wurden von den regionalen Landesherren und den Kommunen zum Teil recht willkürlich erhoben. Abgesehen davon, dass sich die Fracht dadurch erheblich verteuert hat, verlängerte dass „Zufahren“ an die Zollämter die Reisezeit der Schiffer ungemein. In der ersten Hälfte des 19. Jh. gab es noch so viele Zollstätten an Salzach, Inn und Donau, dass ein Schiff auf der zehnstündigen Fahrt von Hallein bis zur Einmündung in den Inn mit sechs Zollämtern, auf der vierzehnstündigen Fahrt auf dem Inn von der Salzachmündung bis Passau mit weiteren sechs Zollämtern und auf der sechsunddreißig Stunden dauernden Fahrt auf der Donau von Passau nach Wien nochmals mit neun Zollämtern in Berührung kam. Dies verursachte einen so hohen Zeitaufwand, dass die Schiffe bei einigermaßen ungünstigem Wasserstand für die Strecke Salzburg-Linz sechs bis sieben Tage brauchten. Erst als sich die Eisenbahn bereits zunehmend als konkurrierendes Transportmittel zur Schiffahrt entwickelte, haben Bayern und Österreich in einem Schifffahrtsvertrag am 2. Dezember 1852 ausnahmslos alle Mautstationen und alle bisherigen Zölle und Abgaben auf Salzach, Inn und Donau aufgehoben13).
1860 wurde von der „k.k. priv. Kaiserin Elisabethbahn-Gesellschaft“ die Strecke Salzburg-Wien eröffnet. 1861 folgte die Strecke Salzburg-Passau. Als 1871 dann auch Hallein an das Streckennetz angebunden war, bedeutete dies das endgültige Aus für die Salzschifffahrt. Die Eisenbahn konnte unabhängig von Wetter und Wasserstand der Salzach den Transport aller Arten von Fracht schneller, sicherer und vor allem mit weniger Aufwand an Personal und Organisation zu niedrigeren Preisen durchführen. 1903 hat die Eisenbahn auch noch die Holz- und Sandausfuhr von Hallein nach Oberndorf an sich gerissen. Die Schifffahrt mit einer fast tausendjährigen Tradition kam damit für immer zum Erliegen.
Eine ähnliche Entwicklung nahm die Schifffahrt auf dem Inn von Hall i. Tirol bis Passau. Die Inbetriebnahme der Eisenbahnstrecke Innsbruck-Kufstein im Jahre 1858 hat auch dort das Ende einer uralten Schifffahrtstradition eingeläutet.
Anmerkungen:
1) Karl Zinnburg: Salzschiffer und Schifferschützen von Laufen-Oberndorf, 1977, Seite 36
2) Heinz Dopsch/ Hans Roth: Laufen und Oberndorf, 1250 Jahre Geschichte, Wirtschaft und Kultur an beiden Ufern der Salzach,
1998, Seite 77
3) Jenny Sarazin/ André van Holk: Schopper und Zillen, Einführung in den traditionellen Holzschiffbau im Gebiet der deutschen Donau,
1996, Seite 12
4) dto. Seite 16
5) Ernst Neweklowsky: Heimatgaue 10. Jg., 1929, Seite 155
6) Karl Zinnburg: Salzschiffer und Schifferschützen von Laufen-Oberndorf, 1977, Seite 116
7) Jenny Sarazin/ André van Holk: Schopper und Zillen, Einführung in den traditionellen Holzschiffbau im Gebiet der deutschen Donau,
1996, Seite 92
8) Ernst Neweklowsky: Heimatgaue 10. Jg., 1929, Seite 156
9) Jenny Sarazin/ André van Holk: Schopper und Zillen, Einführung in den traditionellen Holzschiffbau im Gebiet der deutschen Donau,
1996, Kapitel 4, Der Zillenbau
10) Heinz Dopsch/ Hans Roth:: Laufen und Oberndorf, 1250 Jahre Geschichte, Wirtschaft und Kultur an beiden Ufern der Salzach, 1998,
Kapitel: Laufen als Zentrum der Salzschiffahrt
11) dto.
12) Karl Zinnburg: Salzschiffer und Schifferschützen von Laufen-Oberndorf, 1977, Seite 329-357
13) Ernst Neweklowsky: Heimatgaue 6. Jg., 1925, Seite 114-123
Abbildungen:
1. Ausschnitt des Panoramabildes der Salzach bei Salzburg aus dem Jahre 1829 von Michael Sattler (1786-1847).
2. Rekonstruktionszeichnung des Schiffsfundes (Plätte von ca.1810) aus Altenwörth/ Donau, von Dr. Ing. Kurt Schaefer.
3. Foto einer Salzburger Plätte bei Urfahr um 1900 (Archiv Deutsches Museum München)